"Wir fühlen uns hier wohl": Gemeinschaftswohnen mit Nachwuchs
- globay6
- 13. Juni 2022
- 3 Min. Lesezeit
Leben im Wohnprojekt als Familie mit Kind
BO (11 Jahre)
Anfangs wollte ich nicht unbedingt in ein Wohnprojekt ziehen. Als wir dann hier waren, fand ich es aber bald nicht mehr schlimm. Ich finde schön, dass meine Schule um die Ecke ist und dass wir eine Terrasse haben. Ich mag auch mein Zimmer gern, weil es sehr schön eingerichtet ist. Was ich manchmal doof finde, sind unsere Gartentage, weil ich da immer viele Aufgaben erfüllen muss. Ich koche sehr gern mit einigen, die hier auch wohnen. Ich habe inzwischen viele Freunde im Viertel.

Wenn ich mir etwas wünschen dürfte, dass wäre das, dass nicht jeder meinen Hund anfasst, und dass ich von allen immer gegrüßt werde. Als nächstes freue ich mich auf die Fahrradreparatur mit einem von unseren Nachbarn. Er war früher Profiradler und hilft mir oft bei meinem Fahrrad. Was ich hier besser finde als auf dem Westufer, wo wir vorher zuhause waren: Die Luft und die Natur mag ich hier drüben sehr gern. Mit der Fähre fahre ich manchmal auf das andere Ufer, um dort Sport zu machen. Ich fühle mich hier wohl.
ELENA
Was wir nicht erwartet hätten: Dass unser Kind durch die Gemeinschaft so bereichert wird - aber auch die Menschen hier enorm bereichert. Es ist ganz wundervoll zu sehen, wie unser Sohn hier ankommt und aufblüht - und die Menschen täglich zum Lächeln bringt.
Wir haben vorher nicht zusammen gewohnt, sodass der Einzug hier auch für uns eine gewisse Gewöhnung brauchte. Wir müssen uns in der Wohnung mit kleinem Kind recht bewusst organisieren, aber es klappt erstaunlich gut. Der Trick bei so vielen Nachbarn und Freunden vor Ort ist natürlich: Wenn wir keine Lust haben, ziehen wir die Plissees hoch und sind auch einfach mal für uns. Das finde ich wichtig; dass wir auch mal unsichtbar sein können und nicht immer ansprechbar sein müssen.
JOSEF
Als der Bau der Häuser beendet war und wir vom Dorf am Stadtrand hierher umsiedelten, war unser Sohn gerade von seinem Auslandsjahr zurück. Es war uns wichtig, einen Raum für ihn mit vorzuhalten. Wir haben die Wohnung mit einem Zuschnitt geplant, der auch meine Selbstständigkeit ermöglichte. Durch die Raumaufteilung konnten wir auch dem vorübergehenden Mitwohnen unseres erwachsenen Kindes Rechnung tragen.
Inzwischen setzt unser Sohn sein Studium woanders fort; und ich freue mich jeden Tag darüber, dass wir hier eingezogen sind. Meine Nachbarn hier sind zumeist gute Bekannte, im Einzelnen sind auch Freundschaften entstanden.
ELA
Mit meinem erwachsenen Sohn wieder zusammenzuziehen, das war zunächst einmal nicht der Plan; als ich das Wohnprojekt kennenlernte, wusste ich aber sofort, dass ich einziehen möchte. Später dann ergab es sich, dass auch mein Sohn hier eine Wohnung ansah - eine kluge Entscheidung, denn in seiner vorherigen waren die Rahmenbedingungen nicht optimal. Mit seinem erwachsenen Kind ein Haus zu teilen, das hat gute und kompliziertere Seiten. Man teilt Alltag und sieht sich öfter. Mein Sohn ist kein Mitglied im Wohnverein, nur normaler Mieter; ich aber empfinde das Wohnprojekt als bereichernd. Ich habe so viele verschiedene Sichtweisen und Menschen kennengelernt. Der Austausch ist für mich sehr wichtig. Mein Kind sehe ich regelmäßig, aber trotzdem hat jeder sein Leben und auch eine ganz eigene Meinung. Ob wir näher zusammengerückt sind dadurch, dass wir nun hier gemeinsam wohnen? Ich weiß es nicht. Aber ich bin ansprechbar. Ich glaube, das tut uns gut.
LYS
Ich entdeckte die Initiatoren des Wohnprojektes bereits vor Jahren in Hammer, seinerzeit suchte man weniger nach Studierenden mit Kindern. Das fand ich schade; umso glücklicher war ich, als ich am Rande zu Wellingdorf einige Zeit später dieselben sympathischen Menschen wieder antraf und man nun auch mir den Einzug ermöglichte. Für mich stand fest: Eine Wohnung im Projekt möchte ich haben. Als Alleinerziehende erhoffte ich mir etwas mehr Miteinander und eine schöne Wohnkultur für mein Kind. Nach dem Einzug stellten wir beide fest, dass wir ein großes Unabhängigkeits- und Erholungsbedürfnis haben und gar nicht so häufig Anteil nehmen mögen an gemeinschaftlichen To Dos wie zunächst gedacht.

Neulich habe ich trotzdem bemerkt, dass ich inzwischen hier zuhause bin: Angekommen am Hang voller Singvögel und nur anderthalb Kilometer vom nächsten Strand entfernt; angekommen beim winterlichen Blick durch die leeren Äste auf die Förde; und angekommen in der direkten Nachbarschaft, die ich als bereichernd und überwiegend herzlich empfinde. Freundschaften sind so doch noch entstanden: Wenige, dafür umso wertvollere. Und auch mit der Größe unseres Zuhauses haben wir uns arrangiert: Mein Sohn ist inzwischen an so manchem Abend in der Gemeinschaftswohnung zu finden, während ich den gewonnenen Raum der Wohnung dann nutze, um Musik zu machen. (aufgeschrieben von Lys)
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